Klári - Suite
Kammerkonzert Für Gesang, Flöte, Piano und Video
Béla Bartók
Unsuk Chin
Peter Eötvös
Maurice Ravel
und einer Uraufführung von Aaron Dan
KLÁRI-SUITE ist ein von der Sopranistin Sarah van der Kemp entwickeltes Konzertprogramm, das ein klassisches Liederprogramm mit virtuosen Videoprojektionen des Videokünstlers Robert Pflanz verbindet. Die Musik und Videoprojektion treten in einen intensiven Dialog – organisch entwickelt aus gemeinsamen formalen und expressiven Aspekten. Béla Bartóks Fünf Lieder op. 15 (Klári-Lieder) werden dabei zum Nukleus einer Erkundung der schöpferischen, rauschhaften und zerstörerischen Kräfte von Leidenschaft. Gemeinsam mit van der Kemp widmen sich die Pianistin Yejin Gil und Special Guest Aaron Dan (Komposition und Flöte) Liedern und Solokompositionen von Bartók, Unsuk Chin, Peter Eötvös und Maurice Ravel und einer Uraufführung von Aaron Dan, die in Austausch treten mit der Videoinstallation des Videokünstlers Robert Pflanz. „Wir schaffen nach der Natur“ – diesem kompositorischen Leitsatz von Béla Bartók folgt die Dramaturgie des Programms, in der sich auch die harmonischen Proportionen des Goldenen Schnitts widerspiegeln.
Für das Konzertprogramm KLÁRI-SUITE für Gesang, Piano und Video wandelte sich am 18.09.2022 die Berliner Villa Elisabeth zum Begegnungsort der Künste.
Als „Suite“ kann dabei nicht nur das musikalische Gattungskonzept einer Abfolge von Charakterstücken verstanden werden, sondern – analog zur gleichnamigen Zimmerflucht – auch die Folge zu erlebender klanglicher Räume. In der Videoprojektion tut sich ein weiterer Raum auf, der der Interpretation der Musik einen eigenständigen Beitrag hinzufügt.
Programmatisch werden Béla Bartóks Fünf Lieder op. 15 (Klári-Lieder) zum Nukleus einer Erkundung der gesamten Spannweite der Leidenschaft zwischen schöpferischer und zerstörerischer, rauschhafter und ekstatischer Kraft. Die emotional intensiven, durchaus jugendlich-naiven und kontrovers rezipierten Texte der 14-jährigen Klára Gombossy und ihrer vier Jahre älteren Freundin Wanda Gleiman nahm Bartók zur Grundlage seines Liederzyklus op. 15, eines von nur zwei originalen Liedwerken aus seiner Feder.
Bartóks Interesse an Zusammenhängen von Mathematik, Natur finden Niederschlag in seiner Musik. Mit Vorliebe verwendete er die Proportionen des Goldenen Schnitts bzw. der Fibonacci-Zahlenfolge.
Auch das Gesamtprogramm der KLÁRI-SUITE folgt nun diesen Proportionsprinzipien. Ausgehend von der Reihenfolge in Bartóks Manuskript und inhaltlichen zyklischen Anknüpfungspunkten erklingen die Klári-Lieder in einer neuen, von der gängigen Zählung des Herausgebers abweichenden Reihenfolge – vom Video untermalt mit einer schwarz-weißen, unscharfen Nebelwelt.
Im Anschluss erklingen drei Soli, die die künstlerischen Medien als Einzelelemente präsentieren: Zunächst für das Klavier Unsuk Chins Etüde Nr. 2 Sequenzen, dann Peter Eötvös’ bitteres Goretsch! Goretsch! für Mezzosopran solo. Zuletzt leitet das immer bunter und wahnwitziger gesteigerte Videosolo über zu zwei Liedern aus Shéhérazade, Ravels vor exotisierender Sinnlichkeit, Erotik und Gewalt rauschhaft überbordenden Vertonungen von Texten Tristan Klingsors. In den ursprünglich als Orchesterliedern konzipierten Werken ergibt sich eine reizvolle Wirkung durch die schwärmerisch bunten Videoprojektionen. Im zweiten Stück, La flûte enchantée, übernimmt Special Guest Aaron Dan den Part der Soloflöte, bevor das Programm in einer abschließenden Kadenz reflektiert wird, und mit Bartóks Klängen der Nacht das Publikum in eigenes Träumen entlässt.
Die Gesamtdramaturgie des Programms erhebt formale Eigenheiten aus Bartóks Komposition zum Leitprinzip: Die Stückkomplexe mit den Umfängen 8/5/3/2/1 folgen der umgekehrten Fibonacci-Folge, emotionaler Tief- und Höhepunkt erklingen am dem Goldenen Schnitt entsprechenden Teilungspunkt der Klári-Lieder und respektive der gesamten Suite. Diese Proportionen bestimmen auch Farb- und Lichtregie. Das Programm insgesamt expandiert von der formalen Dichte der Klári-Lieder zur fantastischen Weite von Shéhérazade und dem Finale.
Béla Bartóks Fünf Lieder op. 15 (Klári-Lieder) konfrontieren uns mit allen Höhen und Tiefen rauschhafter Liebessehnsüchte einer jungen Frau. In der postum herausgegeben Erstausgabe seines Sohnes Peter Bartók endet dieser Zyklus mit dem Lied Itt lent a völgyben (Hier unten im Tale), dem einzigen Lied, das von Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit und Resignation geprägt ist. Diese Reihung der Lieder erzählt eine Liebesgeschichte, die im Scheitern endet.
Bartók selbst hatte in seinem Manuskript eine andere Reihenfolge festgelegt, die Sarah van der Kemp weitaus mehr überzeugt und zum Projekt KLÁRI-SUITE inspiriert hat:
Bartók betont den zyklischen Wechsel der Gefühlszustände. Die Klári-Lieder beginnen im Dunkel der Nacht mit dem Lied A vágyak éjjele (Nacht der Sehnsucht), das die Sehnsucht nach Liebe durch das unbeständige Auf und Ab leidenschaftlicher Emotionen und erotischer Träume beschreibt. Alle fünf Lieder sind Tageszeiten zugeordnet. Die Lieder zwei bis fünf zudem auch Jahreszeiten, wobei Temperatur und Wetterlage mit den Gefühlen der Liebessehnsucht in Beziehung gesetzt werden. Ähnlich wie in Bartóks Opereinakter und Beziehungsdrama Herzog Blaubarts Burg beginnt der Liederzyklus im Dunklen und hat seinen hellsten und heißesten (in der Oper dramatischsten) Höhepunkt im Teilungspunkt des Goldenen Schnitts. (Lied Nr. 3 Sommer: "Offenen Mundes trink' ich die Sonnenfluten, der flammende Himmel stürzt auf mich herab!“) In der Oper schließt sich der Kreis durch die Rückkehr ins Dunkel, die Beziehung ist gescheitert. In den Fünf Liedern op. 15 reihen sich die facettenreich dargestellten Liebesgefühle in das Werden und Vergehen der Natur ein. Bartók beendet den Zyklus mit dem Verklingen des Klaviernachspiels bei gehaltenem Pedal im "Taumel des Entzückens!“
Aaron Dan:
8 aşa-zise studii din traista fluieraşului călător
8 Etüden aus dem Ranzen des wandernden Spielmanns
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Béla Bartók:
5 Lieder op. 15
1. Nacht der Sehnsucht
2. In einem bunten Traum
3. Sommer
4. Hier unten im Tale
5. Meine Liebe
3 Soli
Unsuk Chin:
Piano Étude Nr. 2
Sequenzen
Peter Eötvös:
Mezzosopran Solo
Gorech’! Gorech’!
Robert Pflanz:
Video Solo
Maurice Ravel:
Shéhérazade
Nr. 1 Asie
Nr. 2 La flute enchantée
Kadenz
Béla Bartók:
Im Freien Nr. 4
Klänge der Nacht
About us
Die koreanische Pianistin Yejin Gil wurde an der Seoul National University ausgebildet und setzte ihr Klavierstudium an der Folkwang Universität der Künste Essen fort. Sie nahm mit großem Erfolg an Wettbewerben teil, u.a. dem Köhler-Osbahr-Wettbewerb und dem Orléans Concours International.
Ihr fulminantes CD-Debüt mit Werken von Chin, Boulez, Ligeti und Messiaen gewann den Coup de Coeur der Académie Charles Cros in Frankreich und ihr jüngstes Skrjabin-Album wurde für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik und den International Classical Music Awards nominiert.
Sie arbeitete mit Komponisten wie Pierre Boulez, Unsuk Chin, mit Dirigenten wie Kent Nagano, Steven Sloane, mit Orchestern/Ensembles wie dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg, den Bochumer Symphonikern, dem MDR-Sinfonieorchester, der Staatskapelle Halle und dem 1B1 Ensemble zusammen und erarbeitete Kammermusik-Projekte u.a. mit Jörg Widmann, Jan Bjøranger, Eszter Haffner, Lars Anders Tomter und Torleif Thedéen.
Yejin Gil trat bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, den Thüringer Bachwochen, dem Klavier-Festival Ruhr, dem International Piano Festival La Roque d’Anthéron auf und konzertierte im Grand Théâtre de Genève, in der Essener Philharmonie, in der Salle Cortot, der Weimarhalle oder auch dem Konzerthaus Berlin. Neben ihrer künstlerischen Arbeit widmet sie sich pädagogischen Tätigkeiten und gibt regelmäßig Seminare & Meisterkurse in den USA, in Deutschland, England, Norwegen, Frankreich und Italien. Als Jurorin ist sie bei internationalen Wettbewerben tätig.
Ihre musikalische Ausbildung begann die gebürtige Berlinerin Sarah van der Kemp zunächst in den Studiengängen Musikwissenschaft und Klavier. Noch vor ihrem Diplom entschied sie sich für eine sängerische Laufbahn und studierte Gesang an der Berliner HfM bei Julia Varady. Starken Einfluss hatte die Arbeit mit Dietrich Fischer-Dieskau in seinen Meisterkursen.
Die Mezzosopranistin bewegt sich in einem breitgefächerten Repertoire. Ob Judith (Herzog Blaubarts Burg), Komponist (Ariadne auf Naxos), Rosina (Barbiere di Siviglia), Hänsel (Hänsel und Gretel), Carmen (Carmen), Fuchs (Das schlaue Füchslein), Eboli (Don Carlos), Sieglinde (Walküre).
Festengagements brachten sie nach dem Studium an die Deutsche Oper Berlin und ans Staatstheater Schwerin. Engagements führten Sarah van der Kemp zum Shenzhen Philharmonie Orchestra in China, zur Dresdener Philharmonie, an die Staatsoper Berlin, zum Konzerthausorchester Berlin, zum Festival d‘Avignon, zum Festival de Radio France in Montpellier, zur Philharmonie Baden Baden, u.a.
Im Konzertbereich gilt ihre besondere Leidenschaft der Interpretation von Orchesterliedern. Ihr Repertoire umfasst Lieder von Mahler, Wagner, Berlioz, Berg, de Falla und anderen.
Eigene Projekte und Konzeptionen erweitern und vertiefen das Ausdrucksspektrum der Sängerin – sie entwickelte Konzertreihen und Einzelveranstaltungen in verschiedenen Dimensionen und Konstellationen, in jüngerer Vergangenheit zum Beispiel eine Gegenüberstellung von Mahlers Lied von der Erde mit Auftragswerken für Solo-Instrumente von Peter Eötvös, Toshio Hosokawa und Nathan Currier.
www.sarahvanderkemp.de
Robert Pflanz lebt in Berlin und hat dort sein Atelier.
Mit Kameras und Laptops ausgerüstet arbeitet er aber immer und überall und sieht sich als ein Jäger des Visuellen, egal ob Konzert, Oper, Tanz, Theater oder Installation.
Robert, geboren und aufgewachsen im Ruhrgebiet, fing dort ein Architekturstudium an, sammelte gleichzeitig erste Erfahrungen im Ausstattungsbereich von Theater und ging dann nach Berlin, um sein Hauptstudium zunächst an der Kunsthochschule Weissensee, dann an der Hochschule der Künste (heute UdK) zu absolvieren. Als Gasthörer der Freien Universität Berlin setzte er sich intensiv mit philosophischen Aspekten des Entwerfens auseinander. Schließlich absolvierte er einen Masterstudiengang Bühnenbild an der TU-Berlin.
Als ein zentrales, höchst paradoxes Thema seines Bühnendesigns gibt Robert Pflanz denn auch stets an, die Welt und Welten neben oder hinter dem Physischen physisch erlebbar machen zu wollen.
Auf der anderen Seite ist Pflanz präziser Theaterpraktiker, den auch klares Strukturieren, das Fügen der Elemente begeistert. Den künstlerischen Prozess erlebt er als essenziellen Bestandteil des Ergebnisses.
Neben seiner langjährigen Erfahrung als freier Bühnen- und Kostümbildner, gilt seit 2004 sein Schwerpunkt videokünstlerischen Arbeiten.
Tätigkeiten führten ihn an namhafte Theater-, Opern- und Konzerthäusern wie dem Staatstheater Schwerin, der Komischen Oper Berlin, der Staatsoper Unter den Linden, dem Theater Schloss Maßbach, dem Opernhaus Kiel, der Deutsche Oper Berlin, den Bad Hersfelder Festspielen, dem Palacio de Bellas Artes in Mexico City, dem Teatro Juárez in Guanajuato, dem Staatstheater Cottbus, dem Stadttheater Fürth, der Hamburgischen Staatsoper, dem Michailowski-Theater in St. Petersburg, der Bayrischen Staatsoper, der Stiftung Mozarteum Salzburg, dem Anhaltisches Theater Dessau, Philharmonie Luxembourg, u.v.m.
www.robertpflanz.com
Aaron Dan wurde in eine rumänisch-ungarische Musikerfamilie in Siebenbürgen hineingeboren. Mit 15 Jahren zog er gemeinsam mit seinem Bruder nach Budapest, Ungarn, wo er am Bartók-Konservatorium ausgebildet wurde. Seit dieser Zeit unternehmen die Brüder (Duo Dan, später Trio Dan) jährlich Konzert- reisen nach Deutschland, Österreich, Frankreich und in die Schweiz. Nach seinem Abitur studierte er Querflöte in Berlin (UdK und HfM) sowie in Paris an der Ecole Normale de Musique Alfred Cortot.
Aaron Dan ist als Solist, Komponist, Kammermusiker und Moderator international unterwegs; er ist Gewinner mehrerer Wettbewerbe, unter anderem des Flötenwettbewerbs The Winner of Belgrade, 2005. Im Jahr 2013 wurde dem von ihm mitgegründeten Ensemble Berlin Counterpoint der Usedomer Musikpreis verliehen.
Das umfangreiche kompositorische Oeuvre von Aaron Dan umfasst dutzende Neubearbeitungen und Kompositionen für seine Ensembles, viele Stücke für Musiktheater, Orchesterwerke, Chor und Kammermusik sowie immer mehr Werke für Flöte und Loop Station. 2021 entstand die Klanginstallation BABEL für 40 Lautsprecher (UA Kunstmuseum Reutlingen). Die ungarische Fassung seiner Kinderoper Der kleine Prinz wird im Frühjahr 2023 in der Ungarischen Staatsoper seiner Geburtsstadt Klausenburg uraufgeführt.
Aaron Dan lebt mit seiner Familie in Berlin.
www.aarondan.com


